StartKommentarDer Zins-Höchststand der EZB ist näher als Märkte derzeit erwarten

Der Zins-Höchststand der EZB ist näher als Märkte derzeit erwarten

Die für den 15. Juni geplante Sitzung des EZB-Rates kommentieren Guillermo Felices, Global Investment Strategist und Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income.

1. EZB: Beginnende quantitative Straffung birgt Risiken

Von Guillermo Felices, Global Investment Strategist bei PGIM Fixed Income

EZB Fed

Am Markt besteht Einigkeit darüber, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinssätze diese Woche um 25 Basispunkte anheben wird. Aus Sicht der Märkte gibt es zwei Entwicklungen, die hochverzinsliche Vermögenswerte im Euroraum bedrohen: eine weitere Straffung der Geldpolitik und eine Abschwächung der Wirtschaft im Euroraum.

Weniger im Fokus stehen jedoch der anhaltende Liquiditätsabzug der EZB aus dem Markt, zu dem auch die bald auslaufenden zielgerichteten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs) gehören, sowie die Risiken, dass die EZB ihre Pläne zur Reduzierung der Bilanzsumme (quantitative Straffung) vorzieht. Dies würde zu strengeren Liquiditätsbedingungen als erwartet führen, was einen Aufwärtsdruck auf die Zinssätze und Verkaufsdruck auf hochverzinsliche Vermögenswerte ausüben würde.

Eine schwächere Wirtschaft in Europa, wie sie in den jüngsten Konjunkturdaten und negativen wirtschaftlichen Überraschungen zum Ausdruck kommt, bedeutet, dass hochverzinsliche Vermögenswerte immer noch anfällig für die verzögerten Auswirkungen der Straffung sind.

Die Abmilderung besteht darin, dass die EZB dem Höchststand der Zinssätze in diesem Zyklus näher sein könnte, als der Markt annimmt. Wir sind daher der Ansicht, dass hochverzinsliche Vermögenswerte im Euroraum für eine Verschärfung der monetären Bedingungen anfällig sind. Wenn die EZB nicht vorsichtig ist und die Geldpolitik so aggressiv strafft, wie es der Markt erwartet, werden hochverzinsliche Vermögenswerte mit der schwierigen Kombination aus strengeren finanziellen Bedingungen und einer schwächelnden Wirtschaft zu kämpfen haben.

 

2.  Der Zins-Höchststand der EZB ist näher als Märkte derzeit erwarten

Von Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income

Nach einer Reihe überraschender, positiver wirtschaftlicher Entwicklungen im Euroraum nach dem Winter wurde das BIP für das erste Quartal nach unten korrigiert. Es liegt damit im negativen Bereich. Der Euroraum befindet sich mit diesen zwei aufeinanderfolgenden schrumpfenden Quartalen in einer technischen Rezession. Die BIP-Analyse bestätigt das Bild einer schwachen Binnennachfrage in der Region. Fast alle BIP-Positionen mit Ausnahme der Außenwirtschaft waren schwach. Aber selbst das ist irreführend, denn die Exporte des Euroraums schrumpften, so dass der außenwirtschaftliche Überschuss – die Differenz zwischen Exporten und Importen – nur deshalb einen positiven Beitrag lieferte, weil die Importe noch schwächer waren.

Dies entspricht einer schwachen Binnennachfrage und einer sich abschwächenden Weltkonjunktur. Diese Abschwächung unterstreicht, warum die EZB auf ihrer letzten Sitzung das Tempo der Zinserhöhungen von 50 auf 25 Basispunkte reduziert hat. Zudem lässt es darauf schließen, dass die EZB möglicherweise näher an dem Höchststand des Leitzinses ist, als die Märkte derzeit annehmen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die EZB auf ihrer nächsten Sitzung die Zinsen um weitere 25 Basispunkte anheben und damit den Zinssatz für die Einlagefazilität auf 3,5 % erhöhen wird. Sollten sich danach die Anzeichen für eine Verlangsamung der Konjunktur verdichten, wäre es nicht überraschend, wenn die EZB ihren Zinserhöhungszyklus unterbrechen und die Zinsen noch länger hoch lässt, während die Inflation allmählich in Richtung der Zielmarke von 2 % zusteuert.

Der Zins-Höchststand der EZB ist näher als Märkte derzeit erwarten

Fotos von Guillermo Felices und Katharine Neiss (Quelle für beide: PGIM Fixed Income)

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