Was sich aktuell für viele nach einem normalen Ende der Sommerpause anfühlt, sieht auf den Finanzmärkten anders aus. Die Bedingungen der globalen Märkte sind noch weit von „normal“ entfernt. Mögliche Marktszenarien für den Rest des Jahres und deren Auswirkungen für ETF-Anleger, analysiert Marcus Weyerer, CFA, Senior ETF Investment Strategist EMEA bei Franklin Templeton:
Der Leitzins der Bank of England ist im August auf 6 % gestiegen, die USA befinden sich in einer noch nie dagewesenen Vorwahlphase, mit einem vierfach angeklagten ehemaligen Präsidenten als Spitzenkandidaten für die republikanische Nominierung und in Europa tobt immer noch ein Krieg.
Unser Basisszenario ist in der Tat ein moderat konstruktives. Die Inflation dürfte sich weltweit weiter abschwächen und die Zinssätze nähern sich ihrem Höchststand, was eine positive Grundstimmung für Aktien schaffen und eine Neigung zu längeren Laufzeiten unterstützen dürfte.
Die Gewinnrezession schwächt sich ab, und allgemein verbessern sich die Fundamentaldaten weiter.
Allerdings werden einige langfristige Trends, die sich aus der KI-Revolution, der Demografie und dem „De-Risking“ westlicher Volkswirtschaften aus globalen Lieferketten ergeben, wahrscheinlich anhalten und gelegentlich zu einem spezifischen Verhalten bestimmter Sektoren oder einzelner Aktien führen, wie zuletzt bei NVIDIA im Sommer zu beobachten war.
Trotz des im Großen und Ganzen freundlicheren Bildes sehen wir auch vier verschiedene Risikoszenarien, die wir im Auge behalten.
- Die Zentralbanken haben ihre Geldpolitik überstrapaziert, und die Weltwirtschaft rutscht in eine tiefe und langanhaltende Rezession
- Die Inflation bleibt hartnäckig, die Rentabilität der Unternehmen erholt sich nicht und die hohe Volatilität drückt auf die risikobereinigten Renditen
- Die geopolitischen Spannungen eskalieren mit globalen Folgen
- Die Energiepreise steigen mit dem nahenden Winter wieder an und bringen die beginnende Erholung zum Scheitern
Auch wenn keiner der oben genannten Punkte mit besonders großer Wahrscheinlichkeit eintreten wird, stellen sie doch Leitplanken dar, an denen wir unsere Präferenzen für die einzelnen Anlageklassen messen. Wir gehen davon aus, dass sowohl bei Aktien als auch bei festverzinslichen Wertpapieren die Qualität weiterhin an erster Stelle stehen wird.
Comeback festverzinslicher Wertpapiere
Bei den festverzinslichen Wertpapieren sind wir ausdrücklich der Meinung, dass Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating angesichts der nach wie vor unsicheren Aussichten einen guten Wert bieten und gleichzeitig einer „schlechter als erwartet“-Konjunktur standhalten können.
Allgemeiner ausgedrückt: Festverzinsliche Wertpapiere werfen endlich wieder Erträge ab und verdienen daher viel Aufmerksamkeit.
Wir ziehen es vor, die Duration im Auge zu behalten, da die Höchstzinssätze bedeuten könnten, dass Renditen aus längeren Laufzeiten ein Polster gegen das Risiko einer Rezession bieten könnten.
Wir glauben, dass die verbleibende Zeit bis Ende 2023 Anlegern die Möglichkeit bietet, sich von der Seitenlinie zu lösen. Es wird Herausforderungen geben, und ein vertikaler Bullenmarkt spiegelt nicht unser Basisszenario wider. Aber die sich bietenden kurz- und längerfristigen Chancen lassen eine einfache Schlussfolgerung zu: Es ist an der Zeit, sich intensiver zu engagieren.
Basisszenario Schlussfolgerung | Strategie |
Qualität | Qualitätsaktien und Fixed Income; Liquiditätsallokation |
Festverzinsliche Wertpapiere | Overweight Fixed Income |
Duration | Neigung zu längerer Duration |
Dividenden | Dividendenzahler mit Qualität |
Nachhaltigkeit | Integration von Nachhaltigkeitskriterien bei Allokationsentscheidungen |
Megatrends | Diversifizierung der Engagements über das Kerngeschäft hinaus |
Schwellenländer | Selektivität ist entscheidend |
Festverzinsliche Wertpapiere für ETFs wieder interessant
Foto von Marcus Weyerer (Quelle: Franklin Templeton)
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