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Next Step: Warum? Warum nicht? Warum eigentlich nicht?

lead_tkvon Chefredakteur Thomas Keup

“Never change a winning horse” – sagen die Betriebswirte. “Never change a running system” – sagen die Informatiker. Damit haben “Streetsmarts” und “Booksmarts” etwas gemeinsam. “Never change it” geht meistens gut. Manchmal über ein Jahrhundert. Manchmal geht es nicht mehr gut. Dann ändert sich alles. Wie mit der Dampfmaschine und der Eisenbahn, dem Microprozessor und dem Internet. Dann werden Gewinner zu Verlierern.

Erschütterungen kommen in Wellen. Technologien sind der Auslöser. Jede Welle kommt schneller, als die vorhergehende. Veränderungen kommen immer von unten nach oben. Soweit die Fakten. Tech-Startups sind ein Synonym für die aktuellen Umbrüche. 2009 habe ich meine Kunden in der IT-Industrie darauf aufmerksam gemacht. 2010 habe ich begonnen, sie abzukündigen. Heute sind sie in Schwierigkeiten. Denn das Internet fragt nicht, bevor es ein Geschäftsmodell verändert.

Die Medienindustrie ist im Umbruch. Tageszeitungen werden überflüssig. Die Jungen lesen online, die Älteren schauen TV. Zugleich hat niemand bis heute ein Geschäftsmodell im Netz. Aus “Hard-Paywalls” werden “Soft-Paywalls”, aus “Soft-Paywalls” wird Schweizer Käse. Kaum ein Verlag ist konsequent. “Lieber den Spatz in der Hand” denken Digital-Manager und vermüllen Medienseiten mit Overlayern, Skyscrapern und Sponsored Posts zur Publisher-Pest.

Unsere Aufmerksamkeitsspanne liegt bei 8 Sekunden – die eines Goldfisches bei 9 Sek. Unsere Konzentration hat sich in 15 Jahren um 7 Sekunden fast halbiert. Wenn redaktionelle Inhalte von Werbung gestört werden, nutzen Leser einen Werbeblocker. 25% der deutschen Internet-Nutzer nutzt Ad Block & Co. Eine Steigerung von 41% in einem Jahr. 62% aller Videos werden mit Ad Blockern gesäubert. Wenn Artikel zu verkaufter Werbung verkommen, schauen Leser nicht mehr hin: 20% aller Sponsored Posts kommen nie beim Leser an.

Die Springer-Anwälte zeigen im Prozess gegen Ad Block Plus-Hersteller Eyeo das wahre Gesicht: Das Kerngeschäft der Klägerin ist die Vermarktung von Werbung. Journalistische Inhalte sind das Vehikel, um die Aufmerksamkeit des Publikums für die werblichen Inhalte zu erreichen.“ “Eat your own dogfood”, sage ich zu ihnen. Konsumiert Euren digitalen Müll selbst, kaut die Einheitskost gut durch und vergesst nicht, die Nullnummern gut runterzuspülen.

Sie haben es nicht verstanden: 20 Jahre nach der Verbreitung des Internets und 15 Jahre nach Einführung von DSL hacken sich deutsche Verleger immer noch die Augen aus. Augstein, Bauer, Burda, Dumont, Friedmann (SZ), Funke, Holtzbrinck, Mohn und Springer – sie haben Google, Facebook und YouTube groß gemacht – junge Nutzer an Soziale Netzwerke verloren. Desto jünger, desto schlauer, desto online. Die Dummen und die Alten bleiben ihnen erhalten.

“Simplicity drives decisions” ist der Grundsatz der neuen Zeit. Blendle zeigt Verlegern, wie es geht. Perlentauchen in Papierstapeln und hinter Paywalls. Eine Supra-Redaktion sorgt für die Vorauswahl. Mehr und mehr Verlage sind dabei, Axel Springer und New York Times die Investoren. Das Häppchen kostet zwischen 3 Cent und 1,99 € – Geld-Zurück-Garantie inkl. Blendle macht Journalismus zum Stream, wie Audible und Kindle für Bücher, Netflix und Spotify für Video und Audio. Plattformen machen das Business, Publisher treten in den Hintergrund.

90% aller geteilten Inhalte kommen über Facebook. Zuckerberg beherrscht mit 47% den mobilen Werbemarkt – zusammen mit Google sogar 69% der Erlöse. Der Großteil der Onlinewerbung geht an Verlagen vorbei, Stühlerücken bei den Verlagsvermarktern ist die Folge. Facebook und Google planen persönliche Medienangebote. Redaktion oder Reichweite, Relevanz oder Engagement? Medien-Ansatz oder Tech-Ansatz? Publisher, Platisher oder Plattform – welcher ist der richtige Weg?

Wir wollen ein Interface für alles: Medien werden mobil genutzt. 53% aller Aufrufe passieren heute unterwegs, bei jungen Managern liegen iPhone & Co. mit 41% vor PCs und Tablets. Unsere Bedürfnisse bleiben bestehen – unsere Wege und Mittel ändern sich. Wir zahlen für Bildung, aber nicht mehr für ein Jahresabo. Zeit, die Druckerpressen anzuhalten, wie Jeff Jarvis 2012 in “Was würde Google tun?” empfiehlt. Doch Medienbarone reiten alte Gäule.

Daten sind die Grundlage für die Zukunft: Viele Firmen saugen Daten. Nur 1% können in Realtime Nutzen schaffen. Vernetzung von Services ist das Gebot der Stunden. Alchemy wandelt Texte in Daten um, durchsucht 75.000 Nachrichtenquellen semantisch. Qill wandelt Daten in Texte um, schreibt Artikel für Forbes und Berichte für Banken. Aus Neartime wurde Realtime, aus Realtime wird Beforetime. Apples Siri, Facebooks M, Googles Now und Microsofts Cortana – Assistenten lesen Mails, zeigen News, erinnern an Termine.

“Growth happens outside the comfort zone” bringt eine Weisheit auf den Punkt. Doch wir hören nur, was wir hören wollen. Wir idealisieren die Vergangenheit und denken, die Wellen gehen vorüber. Wir lernen ungern – und nur durch kopieren. Wir lieben den Status quo und fallen darauf rein. Psychologe Daniel Kahnemann ist der Schrecken aller BWLer: In der “Prospect Theory” nimmt er Rationalität auseinander, entlarvt Zahlenmenschen als sich selbst belügende Mogelpackungen.

Wir sind Gruppenmenschen: Der Schnellste rennt nach Nahrung, der Geschickteste bohrt die Löcher, der Ängstlichste warnt vor der Gefahr. Wir folgen Regeln und hassen es, die Komfortzone zu verlassen. “Leader brechen Regeln.” Ein Hauch Wahnsinn gehört dazu. Gründer wissen das und gehen diesen Weg. “Bleibe nicht beim Plan und fliege bei Bedarf in eine neue Richtung.” Unter VCs gilt: “Pivot, Baby!” Eine Idee, die sich nicht 1x verändert hat, ist womöglich nicht zukunftsfähig.

“Change will happen. With you or without you.” Wie wärs, heute damit anzufangen?! Wie wärs, sich die Freiheit zu nehmen, etwas Neues zu machen? Wie wärs, sich selbst zu überraschen? Wie wärs, sich Zukunft einfach zu nehmen? Ich habe Lust darauf, das Bestehende nicht (mehr) zu mögen. Ich habe Lust darauf, das Nächste, das Andere, das Bessere auszuprobieren. Und ich habe Lust darauf, mein Gespür mitentscheiden zu lassen – wie Elon Musk oder Peter Thiel.

Eine gute Zeit!

Euer

Thomas Keup

Chefredakteur

Gründermetropole Berlin

 

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der gesamten Redaktion wieder.

 

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