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Vesting Schemes – warum es sich auch für Gründer lohnt, über ein Vesting nachzudenken

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Ingo Schneider

1. Ausgangspunkt

Das Gründerteam hat sich gefunden, die Aufgaben sind verteilt und es kann nun an die Gründung des Unternehmens gehen. Als für Start-Ups typische Rechtsform haben sich die Gründer auf die UG (haftungsbeschränkt) oder die GmbH geeinigt und ein Notartermin ist schnell vereinbart. Nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister steht die Gesellschaft und jeder der Gründer ist, entsprechend der Aufteilung, die die Gründer miteinander vereinbart haben, Eigentümer von Geschäftsanteilen der Gesellschaft geworden.

2. Das Problem

Jeder der Gründer kann über seine Geschäftsanteile frei verfügen. Beispielsweise kann ein Gründer, der ein neues Projekt vorantreiben will oder einfach keine Lust mehr hat, mit den beiden anderen Gründern weiter zu arbeiten, seine Geschäftsanteile an einen Dritten verkaufen. Und umgekehrt haben die jeweils in der Gesellschaft verbleibenden Gründer kein Recht, einen ausscheidungswilligen Gründer dazu zu verpflichten, seine Geschäftsanteile zurückzugeben.

Sollte nun die Situation eintreten, dass sich das Gründerteam zerstreitet und bspw. einer der Gründer nicht mehr im Start-Up mitarbeiten will, kündigt derjenige einfach seinen Dienst- oder Anstellungsvertrag. Die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile bleiben weiterhin in seinem Eigentum. Die anderen Gründer stehen nun vor dem Problem, dass sie den ausgeschiedenen Gründer und seine Kompetenz im Team ersetzen müssen. Neben der rein tatsächlichen Schwierigkeit, einen passenden neuen Co-Founder zu finden, stellt sich das Problem, wie dieser neue Co-Founder am Start-Up beteiligt werden soll: Eigentlich sollte ihm der Teil zustehen, der von dem ausgeschiedenen Gründer gehalten wurde. Doch da der ausgeschiedene Gründer nach wie vor Eigentümer dieser Geschäftsanteile ist und, wie oben bereits gesagt, die verbleibenden Gründer grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben, dass der ausscheidende Gründer seine Geschäftsanteile zurück überträgt, muss der neue Co-Founder entweder von den beiden verbleibenden Gründer direkt Geschäftsanteile oder ein entsprechend großes Optionspaket erhalten oder er muss mittels eines höheren Gehalts incentiviert werden (diese dritte Möglichkeit scheidet meist aus, da schlichtweg nicht genug Geld da ist, um einem neuen Co-Founder ein hohes Gehalt zu zahlen).

Neben der damit einhergehenden starken Verwässerung der beiden weiterhin für das Start-Up arbeitenden Gründer, verbleiben dem ausgeschiedenen Gründer nach wie vor seine Geschäftsanteile – er erleidet also keine Verwässerung, obwohl er nicht einmal mehr im Team mitarbeitet. Eine ungerechte Situation, die existenzbedrohend für das Start-Up ist!

3. Vesting Scheme als Lösung

Bei einem Vesting-Scheme wird vereinbart, dass der einzelne Gründer verpflichtet ist, innerhalb einer bestimmten Frist (der Laufzeit des Vestings; typischerweise drei bis vier Jahre) einen bestimmten Anteil seiner Geschäftsanteile an die Gesellschaft oder einen Dritten zu übertragen. Die Anzahl der zu übertragenden Geschäftsanteile bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem der Gründer aus der Gesellschaft ausscheidet. In monatlichen oder quartalsweisen Schritten sichert sich (vestet) der Gründer seine Geschäftsanteile. Hinsichtlich gevesteter Geschäftsanteile besteht keine Rückübertragungspflicht mehr. Am Ende der Laufzeit hat der Gründer sämtliche seiner Geschäftsanteile gevestet und es besteht keine Rückübertragungspflicht mehr.

Beispiel: Drei Gründer (A, B und C) haben zum 1. Januar 2014 eine GmbH gegründet. Gründer A hält 50% der Geschäftsanteile (also 12.500 Geschäftsanteile). Die Gründer haben einen Vesting vereinbart, das sich über einen Zeitraum von drei Jahren erstreckt. Die Regelung sieht ein lineares Vesting in monatlichen Zeitabschnitten vor.

Sollte Gründer A im Juli 2014 ausscheiden, hat er nach der Vestingregelung sechs volle Monate gevestet. Das bedeutet, dass er 2.083 Geschäftsanteile (12.500/36*6) gevestet hat und er verpflichtet ist, 10.417 Geschäftsanteile an die Gesellschaft oder die Gründer B und C (je nach Vereinbarung) zurück zu übertragen.

Gründer B und C haben nun die Möglichkeit, einen Ersatz für Gründer A zu suchen. Dazu stehen Ihnen die 10.417, die Gründer A zurückgeben musste, zur Verfügung.

4. Tun wir einem zukünftigen Investor damit einen Gefallen?

Viele Gründer verzichten bei der Gründung ihres Unternehmens darauf, ein Founders´-Vesting in die Verträge mit aufzunehmen. Neben weiteren Gründen sehen auch die Musterprotokolle zur Gründung einer UG (hb) oder einer GmbH solche sehr speziellen Regelungen nicht vor. Daher ist die Aufnahme eines Founders´-Vesting unter Kostengesichtspunkten bei der Gründung zumindest zunächst nicht vorteilhaft.

Ein weiteres Argument, das oft von Gründern gegen die Aufnahme eines Founders´-Vesting genannt wird, ist, dass man damit einem zukünftigen Investor einen Gefallen tun würde: Ein Investor des Start-Ups hat naturgemäß ein hohes Interesse daran, dass das Gründerteam im Unternehmen verbleibt. Der Investor setzt daher eine Vesting Regelung ein. Aus seiner Sicht dient das Vesting dazu, das Gründerteam und deren Know-how im Unternehmen zu halten. Der Investor nutzt damit das Vesting, um sein Investment in das Start-Up abzusichern.

Richtig ist zwar, dass Investoren grundsätzlich immer darauf bestehen werden, eine Vesting-Regelung vorzusehen. Für einen Investor dient die Vesting-Regelung der Absicherung seines finanziellen Engagements im Unternehmen. Dies kann mit einer Vesting-Regelung sichergestellt werden.

Die Vorteile, die eine Vesting-Regelung für die Gründer bietet und die oben unter 3. genannt sind, gelten jedoch weiterhin. Unabhängig davon, ob ein Investor in das Unternehmen investieren wird oder überhaupt benötigt wird. Die positiven Aspekte für die Gründer, sich gegeneinander abzusichern, bleiben. Damit kann zwar gesagt werden, dass eine Vesting-Regelung ein investorenfreundliches Instrument ist, aber daneben auch zur Absicherung der Gründer dient.

 

Founders´ Vesting – Begriff kurz erklärt: 

  • Term: Laufzeit des Vestings, typischerweise 3 bis 4 Jahre. Abweichungen nach oben oder unten fallabhängig möglich.
  • Methode: Meist linear, d.h. in monatlichen oder quartalsweisen Abständen
  • Cliff: Sollte das Ausscheiden eines Gründers innerhalb eines Anfangszeitraums erfolgen, kann das Vesting vorsehen, dass                          sämtliche Geschäftsanteile zurückgegeben werden müssen. Der Cliff Zeitraum beträgt meist zwischen 6 und 12 Monaten.
  • Accelerated Vesting: Diese Regelung bewirkt, dass es im Falle eines Exit zu einem vorgezogenen Vesting der shares kommt: Unabhängig von der Laufzeit vesten alle shares zum Zeitpunkt des Exits.
  • Good Leaver / Bad Leaver: Das Ausscheiden eines Gründers löst als der entscheidende Faktor die Rückgabeverpflichtung aus. Das Ausscheiden kann jedoch vom Gründer unverschuldet sein („Good Leaver“) oder es kann sein, dass der Gründer einen wichtigen Grund für das Ausscheiden gesetzt hat („Bad Leaver“).

 Über den Autor:

Dr. Ingo Schneider berät im Bereich corporate/finance. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet dabei die Beratung von jungen Unternehmern und Unternehmen, v.a. bei der Unternehmensgründung und -finanzierung. Dr. Ingo Schneider begleitet zudem Angel Investoren und VCs bei ihren Investments in Start-Ups und kennt daher die Verhandlungsstrategien beider Seiten. 

Dr. Ingo Schneider studierte an der Universität Konstanz sowie an der Universität von Barcelona (UB) und der Freien Universität Berlin. Er promovierte an der Freien Universität Berlin arbeitete dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsches und Europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht.

Dr. Ingo Schneider  Kontakt: schneider@icadia.de

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