StartExpert“Es gibt keine Platzhirsche mehr.”

“Es gibt keine Platzhirsche mehr.”

 

Interview mit Niklas Veltkamp, Managing Director beim Bitkom e.V.

„Startups sind entscheidend für die Zukunftsfähigkeit und damit für die Zukunft unserer Gesellschaft.“ Bitkom-Präsident Thorsten Dircks bringt auf den Punkt, dass es unterm Dach der Industrie längst brennt. Anlässlich des einjährigen Bestehens der “Digitalen Agenda” schenkt der IT-Spitzenvertreter der Regierung kräftig ein.

In jedem 3. Satz bekräftigt Dircks am Montag die Bedeutung von Startups. Mit einer eigenen Unit versucht der Branchenverband selbst Anschluss an die Zukunft zu finden. Niklas Veltkamp verantwortet das Bitkom-Engagement “Get Started”. Thomas Keup will als Verbandsprofi mehr wissen, wie ernst es der Bitkom meint.

Der Bitkom lebt von seinen gut 1.500 Direkt-Mitgliedern v.a. aus der alten Industrie. Warum “wildert” der IT-Branchenverband auch bei deutschen Tech-Startups?

Den Bitkom als Digitalverband zeichnet aus, dass er nicht nur die Global Player, nur den Mittelstand oder nur Startups vertritt, sondern die komplette Branche. Unser gemeinsames Ziel – unabhängig von Unternehmensgröße und Gründungsjahr – ist es, die Digitale Transformation der Wirtschaft in Deutschland und Europa voranzubringen.

Zudem steht natürlich die Vernetzung der Mitglieder – insbesondere das Zusammenbringen junger und etablierter Unternehmen – im Mittelpunkt. Das finden nicht nur wir eine gute Idee, sondern inzwischen auch mehr als 300 Startups, denen wir das Angebot einer sehr günstigen Bitkom-Mitgliedschaft machen. Wir glauben, dass Innovation durch das Zusammenspiel und den Austausch von Start-ups, Mittelstand und Global Player die besten Chancen hat.

Nach der Rede vom Montag kann man zu dem Ergebnis kommen, Startups sind die neue “rosa Sau”, die der Bitkom durchs Dorf treibt. Was ist das nächste Buzzword?

Man kann schon den Eindruck haben, dass aktuell jeder „etwas mit Startups machen“ will. Nicht alle davon haben die Innovationskraft von Startups und was das für die gesamte Wirtschaft bedeutet wirklich erkannt. Manchen scheint es eher um bunte Bilder von modernen Büros und hippen Startup-Events zu gehen.

Die Digitalisierung führt aber zu einem grundsätzlichen Wandel in allen Lebensbereichen, dazu gehört auch dass es keine Platzhirsche mehr gibt, kein noch so großes Unternehmen ist vor Veränderung gefeit. Hierbei spielen Startups eine zentrale Rolle. Ich jedenfalls wünsche mir sehr, dass möglichst viele von ihnen möglichst groß werden und nach vierzig Jahren vielleicht endlich mal wieder ein neuer Global Player aus einem deutschen Startup entsteht.

300 Startups sind Mitglied im Bitkom. Was erwarten Gründer und Vorstände vom “Dickschiff” der IT-Verbände. Es gibt doch den “passgenauen” Startup-Verband?

Was für den Einzelnen am besten passt, muss jeder selbst entscheiden. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass der Bitkom für immer mehr Startups passt. Was uns auszeichnet ist, dass wir nicht ausschließlich Treffen von Startups mit Startups für Startups anbieten, sondern dass Gründer und Startup-Mitarbeiter bei uns mit Kollegen aus großen Konzernen und aus den zahlreichen mittelständischen Unternehmen zusammenkommen. Startups haben auf Bitkom-Plattformen bereits Investoren gefunden, Kunden gewonnen, Vertriebspartnerschaften aufgebaut oder auch erfahrene Unternehmer als Beiräte gewonnen.

In Sachen Startups hat die Bundesregierung im 1. Jahr “Digitale Agenda” fest geschlafen. Was fordert der Bitkom, um Startups politisch zu unterstützen?

Wir müssen mehr Venture Capital mobilisieren und brauchen dazu auch das lange versprochene Venture Capital Gesetz. Wir müssen die Gründungsphase entbürokratisieren: Verwaltungsaufgaben und gesetzliche Auflagen für vier Jahre auf ein unverzichtbares Minimum begrenzen.

Und wir müssen alte, überkommene Gesetze und Verordnungen an die digitale Welt anpassen. Das betrifft Regeln, die allein dem Schutz von überkommenen Geschäftsmodellen dienen, ebenso wie zu strenge Regularien, etwa im Gesundheitsbereich oder im Finanzwesen.  Durch strikte Auflagen und Verbote werden hierzulande FinTech- und Health-Start-ups, data-driven Business Models aber auch Share-Economy-Plattformen massiv behindert und geradezu ins Ausland gedrängt.

Können sich Tech-Startups beim Bitkom darauf verlassen, nicht von der alten Software-Industrie “übervorteilt” zu werden? Wie können Startups sicher sein?

Soll das heißen, Gründer sind oft naiv, ein bisschen dumm unterwegs und lassen sich leicht „übervorteilen“? Das ist ein ziemlich plattes Klischess, dem ich vehement widersprechen möchte: Startups wissen meist viel genauer als etablierte Unternehmen, was sie suchen, welchen Gesprächspartner sie brauchen und welche Kooperation sinnvoll sein kann. Sie fordern von uns klar ein, in welchen Bereichen wir besser werden müssen und wo wir sie unterstützen sollen. Was Startups hingegen am wenigsten einfordern ist Sicherheit. Wer Sicherheit braucht und sicher sein will, der macht alles, aber gründet bestimmt kein Startup.

Startups haben nur begrenzte Ressourcen: Was bietest Du mit Deinem Bereich Besonderes, das für Startups äußerst reizvoll sein kann, mitzumachen?

In aller Kürze ein paar Beispiele: Teilnahme an den Executive Events der Branche (nicht nur im Sales-Bereich ein großer Vorteil), Zugang zu Business Angels aus den Reihen des Bitkom und exklusive Vernetzungsevents mit jeweils einem Global Player als Partner. Jedes Startup ist herzlich eingeladen, sich das ganze anzuschauen – einfach bei mir melden.

Wie siehst Du die Zukunft? Wofür brauchen Branchen – wie die Digital-Industrie – überhaupt noch Verbände? Vernetzen kann man sich doch auch online?

Natürlich wird sich mehr und mehr online abspielen, auch im Verbandsumfeld. Verbände haben aber zwei zentrale Vorteile: Sie bündeln die Interessen von – im Idealfall – vielen Unternehmen und können, gerade auch im politischen Bereich, Netzwerke schaffen und pflegen, u. z. mit einer anderen Manpower, als ein einzelnes Unternehmen das könnte. Wie wichtig das ist, zeigt zum Beispiel das Kleinanlegerschutzgesetz: Von der Politik eigentlich gedacht, um Kleinanleger vor dubiosen Geldanlagen zu schützen, wurde in der ursprünglichen Fassung das Crowdinvesting in Deutschland fast unmöglich gemacht.

Erst durch den Widerspruch von Startups und von Verbänden wie Bitkom wurde das Schlimmste verhindert. Um diesen Widerspruch zu artikulieren, muss man Gesetzesvorlagen durcharbeiten oder Stellungnahmen schreiben, die wenigsten Start-up-Gründer haben dafür Zeit. Und dann muss dieser Widerspruch auch noch in Gesprächen mit Politikern münden, die sich nicht unbedingt online vernetzen. Das ist manchmal mühsame Erklärungs- und Überzeugungsarbeit.

Vielen Dank für die Einblicke und Deine Offenheit!

In Kürze beschäftigen wir uns in “WTF” mit Berlin Partner, Bitkom & Co.:

“Berufsbeamte oder Branchenprofis – Was brauchen Startups wirklich?”

Das Interview führte Thomas Keup.

Über Niklas Veltkamp:

Niklas Veltkamp ist seit 10/2014 Mitglied der Geschäftsleitung des Bitkom und leitet die Start-up-Aktivitäten des Digitalverbandes. Mit seinem Team entwickelt er Formate zur Vernetzung junger und etablierter Unternehmen und setzt sich für bessere Rahmenbedingungen für Start-ups in der Gründungs- und der Wachstumsphase ein.

Niklas Veltkamp bei Linkedin https://de.linkedin.com/in/niklasveltkamp

“Get started” by Bitkom http://www.getstarted.de/

1 Jahr “Digitale Agenda” http://www.bitkom.org/digitaleagenda.html

Bitkom Hub Conference https://www.hub.berlin/de

 

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