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Digitale Gesundheitsanwendungen können bei psychischen Problemen helfen, aber wie? Mindable bei Panikstörung und Agoraphobie in der Praxis

Seit Oktober 2020 ermöglicht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) „Apps auf Rezept“. Gesetzlich Versicherte haben seitdem die Möglichkeit, sich digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) von Ärzt:innen oder Therapeut:innen verschreiben zu lassen, Krankenkassen erstatten die Kosten. Eine positive Entwicklung für Menschen, die zum Beispiel unter psychischen Erkrankungen leiden.

Wie eine App Betroffenen konkret helfen kann und welchen Nutzen auch Ärzt:innen und Therapeut:innen von technologiebasierten Medizinprodukten haben können, erklärt Linda Weber, CEO und Herstellerin der App „Mindable: Panikstörung und Agoraphobie“ anhand ihrer App.

Angst und Panikstörung – was ist das eigentlich?

Etwa jede fünfte Person hat in ihrem Leben schon einmal eine einzelne Panikattacke erlebt. Scheinbar unverhofft taucht sie plötzlich auf und versetzt die Betroffene:n für einen kurzen Moment in eine Ausnahmesituation. Das Herz rast, der Mund wird trocken, die Hände feucht und im Kopf herrscht Alarm. Bei einigen Menschen häufen sich die Panikzustände – sie entwickeln eine Angst- und Panikstörung. Alltägliche Dinge, wie Einkaufen oder Freunde treffen, sind nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich. Bestimmte Situationen und Orte werden vermieden, aus Angst, hier wieder eine Panikattacke zu erleiden. Auch der Arbeitsplatz oder die Schule können oft vor Angst nicht mehr aufgesucht werden. Eine belastende Situation für Betroffene. „Auch, wenn eine Panikattacke endlos und unberechenbar erscheint, folgt sie doch einem bestimmten Muster“, weiß Linda Weber. „Normalerweise nimmt die Angst innerhalb der ersten fünf bis zehn Minuten zu und erreicht ihren Höhepunkt. Unangenehm und besorgniserregend für Betroffene. Doch danach flacht die Angstkurve wieder ab. Denn entgegen der Erwartung kann der Körper Angst auf einem so hohen Niveau nur sehr kurz aufrechterhalten. Im Durchschnitt dauert die Ausnahmesituationen für Körper und Psyche nicht länger als eine halbe Stunde“, so Linda Weber weiter.

Konfrontation mit der Angst

Genau hier setzt die Expositionstherapie nach verhaltenstherapeutischen Richtlinien an, die als der Goldstandard zur Behandlung der Panikstörung mit Agoraphobie gilt. Betroffene setzen sich gezielt angstauslösenden Situationen aus und verweilen hier so lange, bis die Angst von allein wieder verschwindet. Durch das wiederholte und gezielte Erleben von Angst gewöhnt sich der Körper an diese und schlägt weniger schnell Alarm. Situative Angstzustände und Panikattacken nehmen allmählich ab oder verschwinden ganz. „Es geht bei diesem verhaltenstherapeutischen Ansatz darum, konditionierte Reiz-Reaktionsmuster durch korrigierende Erfahrungen aufzuweichen und maladaptive (negative) Gedanken, sowie verzerrte Wahrnehmungen in Bezug auf die eigenen Ängste zu berichtigen. Das erfordert viel Eigeninitiative und Selbstmanagement von Seiten der Betroffenen“, so Linda Weber.

Wie die App Mindable Betroffenen helfen kann

Die App bietet drei aufeinander aufbauende Behandlungsbausteine: Psychoedukation, Symptomprovokation und Konfrontation. Zunächst werden Betroffene über die Wirkmechanismen ihrer Angst und Panik aufgeklärt (Psychoedukation). Anschließend erzeugen sie, angeleitet durch Animationen, bewusst Paniksymptome (Symptomprovokation) – z.B. atmen durch einen Strohhalm, um Kurzatmigkeit zu erzeugen. Dadurch gewöhnt sich der Körper an die Paniksymptome und das Angstzentrum schlägt weniger schnell Alarm. Angstzustände schaukeln sich weniger unkontrolliert zu Panikattacken hoch. Im nächsten Schritt setzen sich Betroffene aktiv mit angstauslösenden Situationen und Orten auseinander. Dazu kann aus verschiedenen, angstauslösenden Situationen ausgewählt werden. Wird zum Beispiel aus Angst das Busfahren vermieden, gilt es nun, sich genau in diese Situation zu begeben und sich hier der Angst zu stellen (Konfrontation). Den Schwierigkeitsgrad der Szenarien bestimmen Anwender:innen selbst – so kann gewählt werden, ob der Bus voll oder leer ist oder eine Begleitperson dabei ist oder nicht. Im Bus selbst startet die Person die Live- Aufzeichnung der Angstkurve. Die Eingabe des Angstniveaus erfolgt dabei auf einer Skala von 0 – 10 diskret anhand der Lautstärkeregler der Kopfhörer. Ein auditives Feedback gibt das aktuelle Angstniveau an. Das Handy kann so bequem in der Tasche verschwinden und dient nicht als Ablenkung oder Sicherheitsverhalten. Hat sich der Körper reguliert und ist die Angst abgeklungen, wird die Übung beendet. Direkt im Anschluss kann der Angstverlauf als detaillierte Grafik angesehen werden. Betroffene erhalten dadurch ein objektives Feedback über den Verlauf und das Ausmaß der erlebten Angst. Die Grafiken der weiteren Übungen werden übereinandergelegt, so dass auch die Veränderung der Angst über die Wiederholungen hinweg deutlich sichtbar wird. Durch den Selbstmanagement-Ansatz der App wird die Autonomie und Selbstwirksamkeit der Betroffenen von Anfang an gestärkt.

Auch Ärzt:innen und Therapeut:innen können profitieren

Auch für Ärzt:innen und Therapeut:innen kann die Mindable-App von Nutzen sein. Denn Protokollierung und Nachbesprechungen von Expositionen sind über die App ebenso möglich wie statistische Auswertungen von Therapieverläufen, die per PDF-Export mit Therapeut:in/Ärzt:in geteilt werden können und somit immer im Blick bleiben. „Mindable bietet Betroffenen ein niederschwelliges und zeitnahes Versorgungsangebot. Die App kann sowohl zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz, als auch therapiebegleitend und zur Prävention von Rückfällen genutzt werden. Eine Therapie an sich ersetzt sie nicht“, erklärt Linda Weber.

Bildunterschrift: Betroffene können zwischen über 350 typischen agoraphobischen Szenarien auswählen und den Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Übung selbst bestimmen. Zusätzlich können auch „Eigene Übungen“ erstellt werden.

Stefan Kny
Stefan Knyhttps://www.gruendermetropole-berlin.de
Stefan Kny schreibt über ausgewählte Startupthemen und Artikel, die Startups Wissen vermitteln sollen. Stefan ist Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Paul F. Kontakt: stefan(at)gruendermetropole-berlin.de
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