StartExpertFEMPRENEUR: (Sind) Frauen (sind) die besseren Startup-Gründerinnen?!

FEMPRENEUR: (Sind) Frauen (sind) die besseren Startup-Gründerinnen?!

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EXPERT-Interview mit Brigitte & Ehrenfried Conta Gromberg, Smart Business Concepts

Anfang Juni d. J. lud Maxi Knust, Gründerin des Fempreneur Magazins und Unternehmerin, zum 1. Fempreneur Summit nach Berlin. Zu den Highlights der außergewöhnlichen Konferenz zählte die Keynote des Hamburger Unternehmer-Ehepaars Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg. Die Seriengründer sind mit Ihren “Smart Business Concepts” Bestsellerautoren und veranstalten seit 2013 die Solopreneur Days.

Auf der Bühne des – von uns als stolzem Medienpartner begleiteten – Fempreneur Summits im traditionsreichen Babylon Kino in Berlin-Mitte stellten die beiden seit 20 Jahren gemeinsam engagierten Solopreneure eine mutige Behauptung auf: “Frauen sind die besseren Gründerinnen” lautet ihr Statement. Wir hatten die Chance, sie persönlich zu fragen und meine klitzekleinen Vorbehalte als Chefredakteur aufzulösen …

Statista hat für Ebay herausgefunden: 461.000 selbständige “Mompreneure” setzen in Deutschland dieses Jahr 42,4 Mrd. Euro um. Sind Frauen und Mütter maßlos unterschätzte Unternehmer/innen?

Frauen werden seit Jahrhunderten unterschätzt. Nicht erst Tom Peters sagte ausdrücklich, dass Männer endlich verstehen müssen, dass Frauen viel mehr beeinflussen, als wir das gemeinhin denken – auch und gerade bei geschäftlichen Entscheidungen.

Frauen sind aber als Entrepreneure – und speziell im digitalen Bereich – selten als Leader zu sehen. Ein Grund ist, dass in der “New Economy” häufig ein altes Bild von Unternehmen proklamiert wird. Ein starker Mann führt ein starkes Team. Die Frau hat einen Online Start-up genauso zu führen wie die “big guys”. Damit fallen alle Frauen unter den Tisch, die z. B. im Home Office arbeiten oder im Netzwerk starten. Frauen die anders unterwegs sind, werden einfach übersehen, sie sind aber da.

Die Vorbilder sind zentral. So lange wir die Bilder malen, dass alle (ergo auch Frauen) wie Richard Branson sein müssen, gibt es wenig Grund für eine Frau, das ernsthaft zu wollen. Und was heißt “unterschätzt”? In welcher Form “geschätzt”? Häufig wird das nur an den Mitarbeiter- oder Umsatzzahlen festgemacht. Geht es bei Wirtschaft nur um Zahlen? Wertschöpfung hat viele Dimensionen. Wir brauchen diese neuen Dimensionen, wenn wir unsere Wirtschaft verändern wollen.

9 von 10 “Digital Leadern” sind nach Eurer Recherche Männer. Wie kommt es, dass wir (Männer) Frauen immer noch nicht zutrauen, selbständigen Unternehmerinnen Geld und Geltung zuzusprechen?

Wenn man Start-ups scannt, wer dort die Gesellschafter sind, dann sind es fast immer Männer. Das ist in den USA so, das ist in Hamburg so und in Berlin auch. Und wir glauben, dass sich dies nicht groß ändern wird, weil der “Start-up-Zirkus” ein männerdominierter “Zirkus” ist. Aber Frauen haben so viel zu geben, dass wir doch dumm wären, wenn wir es dabei belassen. Wobei wir allerdings bei diesem Wort “wir” sind.

Wir (Brigitte & Ehrenfried) denken nicht mehr im “wir” einer Gesellschaft. Solche Fragen, wie “was kann getan werden, um die Quote zu heben” oder “was muss getan werden, damit mehr Frauen Unternehmerinnen werden”, sind für uns abstrakt. Wir finden Initiativen wie “Fempreneur” oder “Digital Women” gut. Das sind Orte, an denen ein eigenes Unternehmerinnenbild geformt werden kann.

Smart Business Concepts zielt ebenfalls darauf, Männern und Frauen zu sagen: Löst Euch erst einmal von den gesellschaftlichen Vorgaben! Dann fragt Euch: Was wollt Ihr eigentlich? Wir warten nicht mehr auf das gesellschaftliche “wir”. In unserem eigenen Fall wollen wir gar nicht mehr bei Banken und Kapitalgebern anerkannt sein. Wir sind “Bootstrapper” und “Home-Office-Fans”.

Wir brechen zur Zeit eine Lanze für das “Solopreneurship” als das von einem einzelnen Inhaber geführte Business (oder einem Paar oder einem Mini-Team). Denn wenn es zu den Gesellschafterrunden an den großen Tischen kommt, werden in der Regel die stilleren und weiblicheren Typen weggedrängt. Selbst steuern ist unsere Devise.

Warum sind Frauen die besseren Gründer/innen und Unternehmer/innen? Gibt es herausragende “Hard Facts” oder “Soft Skills”, die für Frauen als Gründerinnen sprechen? Wie sollten Frauen vorgehen?

Wir glauben, dass Frauen ein besseres Gefühl für die Bedürfnisse von Menschen haben. Daher glauben wir, dass sie die sinnvolleren und besseren Angebote machen können. Männer sind nicht besser, sie ziehen ihr “Ding” oft nur mit weniger Rücksicht auf andere durch. Hier stolpern Frauen oft über ihr Verantwortungsgefühl. Wir glauben, dass Frauen ihr Gefühl für Zusammenhänge und Verantwortung behalten sollten, aber die “Execution” stärker in den Vordergrund stellen müssen. Wenn Frauen ihre Softskills mit ein wenig mehr Liebe für Technik unterfüttern, sind sie in unseren Augen die besseren Solopreneure.

Auf dem Fempreneur Summit waren aus unserer Wahrnehmung zwei Lager von Frauen präsent: die einen wollten endlich auch einen Stück vom großen digitalen Kuchen und würden deshalb auch Geschäfts-Anteile an einen Investor abgeben. Die anderen hatten die Frage “was wäre mein Weg” und denken stärker von ihrem Leben her und suchen nicht “die Anschieber”, die sie auf Geschwindigkeit bringen. Beides hat seine Berechtigung. Wir vermuten aber, dass ein hoher Anteil ihre eigene Geschwindigkeit finden möchte. Wenn jemand in seiner eigenen Geschwindigkeit gehen möchte, dann raten wir zum Solopreneurship.

Die aktuelle Ebay-Studie sagt: In Deutschland gibt es 5.200 “Mompreneure”, die allein 505 Mio. € im Online-Handel umsetzen. Ihr beschäftigt Euch mit “Solopreneuren” im Speziellen. In welchen Branchen sind Frauen besonders erfolgreich?

Naturgemäß kommt bei einem Scan von Ebay- oder Amazon-Anwendern das Handels-Modell zum Vorschein. Der Online-Händler ist ein Bereich mit wachsenden Umsatzzahlen. Wir haben viele Fälle von erfolgreichen Solopreneuren (etwas mehr Männer als Frauen) analysiert und dann nach Muster gesucht. Daraus entstanden die 5 Solopreneurtypen. Wir formulieren die 5-Solopreneurtypen hier einmal feminin:

Die Produzentin (Maker)
Die Händlerin (Trader)
Die Expertin (Expert)
Die Problemlöserin (Service)
Die Kreative (Creator)

In allen fünf Bereichen sind erfolgreiche Frauen zu finden.

In Eurer Präsentation auf dem Fempreneur-Summit habt Ihr “Solopreneure” insbesondere als “Experten” fokussiert. Welche unterschiedlichen Typen von erfolgreichen Expertinnen kennt Ihr – und könnt Ihr empfehlen?

Wir hatten den Bereich der Expertinnen exemplarisch besonders herausgehoben, weil dieser Bereich oft von Wirtschaftsjournalisten und alten Wirtschaftsförderern nicht als “wirkliches Unternehmen” gesehen wird. Es ist zudem ein Entrepreneur-Typ, der per se keine hohe Investition benötigt.

Wissen zu kultivieren ist unternehmerisch ein großer Teil unserer Zukunft. Wir brauchen Frauen, die andere informieren, bilden und Schneisen durch den “Lebensdschungel” schlagen. Content & Communities sind zwei wichtige Bausteine für ein Smart Business Concept in diesem Bereich.

Wir meinen mit einer Solo-Expertin also nicht den klassischen Coach, der auf Stundenbasis mit Klienten arbeitet oder die “PR-Expertin”, die jobbasiert Aufträgen hinterherläuft. Wir meinen damit Experten, die eigene skalierbare Produkte oder Programme entwickeln. Also eigene Akademien, Blended-Learning oder entsprechende Angebote. Das reicht von der Autorin bis hin zu komplexeren Wissens-Programmen.

Ihr stellt unter anderem die Künstlerin Enya als erfolgreiche “Solopreneurin” heraus und sprecht von “Enyanomics”. Was steckt dahinter und in wiefern kann die Sängerin ein Vorbild für andere Allein-Gründerinnen sein?

Wir haben uns den Spaß gemacht, einmal zu forschen, an welcher Stelle zum ersten Mal ein zarter Riss durch die “Wahrnehmungs-Eierschale” der männlichen Start-up Welt ging. 1998 analysierte Gerard O´Neill während eines Online-Startup-Konferenz in Dublin Enya und forderte die anwesenden Start-up Kapitäne auf, einmal anders zu denken (so wie Enya): kein großes Team, keine Konzerte, homebased, wenig Overhead, keine Fremdinvestoren, hohe Skalierung. Enya ist tatsächlich eine Solo-Entrepreneurin und wäre nach unserer Schublade der Typ  Solo-Kreative. Sie ist etwas anderes, als die klassische termingebundene Bühnenmusikerin.

Ihr seid seit 20 Jahren verheiratet und ein Solopreneur-Paar, das von zu Hause aus Bücher schreibt, Workshops plant und Firmen managt. Vermisst Ihr nicht manchmal das Leben in einem Großraum(büro) mit vielen anderen?

Wir zählen uns zu den Stilleren im Lande. Wir müssen nicht die Menschentraube an der Kaffeemaschine auf dem Flur haben. Wir sitzen lieber in Ruhe zu zweit und trinken hanseatisch ruhig zusammen einen Tee (an unserem eigenen Tisch). Die Meisten denken bei Home Office noch an einen dunklen Kellerraum oder so einen Quatsch. Wir haben unser Haus komplett für einen Home-Office-Leben bauen lassen. Eine Etage privat, eine Etage Kreativ-Loft.

Wir sind fest davon überzeugt, dass eine ruhige Umgebung die Störungsfrequenz senkt und die Kreativität und die Pro-Kopf-Produktivität erhöht. Wir können als Solo-Ehepaar keinen Konzern schlagen, wir können aber mit erstaunlich wenig Infrastruktur in mehreren Bereichen fachlich einen hohen Input geben. Der einzige Punkt, wo Kollegen hin und wieder fehlen, ist wenn man bei einer Detailfrage hängt. Aber dazu sind Foren und Kontakte da. Es ja nicht so, dass wir alleine sind. Lieber einige wenige hochqualitative Gespräche pro Woche mit den Menschen, die man treffen will, als stundenlange No-Brain-Meetings. Es geht um Quality-Time.

Die Frage nach dem Leben ist die zentrale Frage, wenn wir Frauen ermutigen, Unternehmerinnen zu werden: was für ein Leben wollen diese haben? Wir glauben fest, dass Frau besser dran ist, wenn sie ihr eigenes Unternehmen hat. Wir glauben nicht, dass jede Frau sich als die Matadorin eines Großraum-Büros sieht. Das Bild einer Entrepreneurin, die ihr Business selbst steuert, erlebt, wie es wächst, sich mit anderen darüber austauscht und es ständig weiterentwickelt – das wäre die weibliche Solopreneurin, die in unseren Augen die Nase vorne hat. Vorne im Sinne von Lebensqualität.

Vielen Dank für die offenen Worte!

Das Interview für Thomas Keup

Über Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg

Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg sind seit 20 Jahren unternehmerisch tätig, Gründer von insgesamt 4 Unternehmen – davon 2 Startups -, Organisatoren des Solopreneur Day in Hamburg und Berlin sowie Amazon-Bestsellerautoren. Sie unterstützen Unternehmer, Startups und soziale Einrichtungen bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Mit ihrem Programm “Smart Business Concepts” zeigen sie, wie man durch smarte Geschäftsabläufe aktiv seine Arbeitsbelastung senken kann.

Weitergehende Informationen:

Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg:
http://www.contagromberg.de/

Smart Business Concepts:
http://www.smartbusinessconcepts.de/

Solopreneur Day Berlin:
http://solopreneurday.de/

Lesetipp Readly: Wirtschaftsmagazin Paul F

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